DIE SEHNSUCHT DES PFERDCHENS

(Eine Geschichte ohne Ende)

Es war einmal ein kleines Pferdchen. Es hatte es nicht schlecht in seinem Stall, den es mit anderen Reitpferden teilte. Der Stall gehörte zu einem großen Gut, und die Söhne des Bauern pflegten die Tiere redlich und ritten aus, so oft es ihre Zeit zuließ.

Eines Tages, als die Söhne des Bauern wieder gemeinsam ausritten, ging es durch einen großen Wald. Das Pferdchen war noch nie so weit gekommen und sah sich staunend um. Bisher hatten sich seine Ausritte immer nur auf die umliegenden Felder beschränkt. Doch nun trabten die Pferde und ihre Reiter weit hinaus in unbekannte Gegenden. Das kleine Pferdchen genoss die Abwechslung. Als die Gesellschaft jedoch an einem Felsvorsprung Rast machte, geschah mit ihm etwas Seltsames.

Während sich die Bauernsöhne ihr Vesperbrot schmecken ließen, ließen sich die Pferde den Wind um die Nüstern wehen und blickten sinnend hinaus in die Landschaft. Da sah das kleine Pferdchen vor sich ein Tal von so gewaltiger Schönheit und Verheißung, dass sein Herzchen in der Brust stärker zu schlagen begann als jemals zuvor. Dort unten, in jenem unbekannten Tal, wo wilde Flüsse sich reißend wanden, wo Wald und Gehölz ursprünglicher schienen als alles, was das Pferdchen bisher kannte, dort wollte es sein und nirgendwo sonst. Weit draußen, hinter wildem Land und vielen Hügeln versteckt, da leuchtete eine liebliche Lichtung mit Apfelbäumen. Dieser Ort erschien dem Pferdchen als das Paradies. Es kannte diesen Ort zwar nicht, aber es schien ihn zu erkennen als seine Heimat. Dort wollte das Pferdchen leben und sterben, wenn es sein musste.

Niemand weiß, was in einem Pferd vorgeht, wenn es sinnend in die Lüfte starrt. Auch die Bauernsöhne wussten nicht, was dem Pferdchen an diesem Tag geschehen war. Fröhlich schwatzend nahmen sie alsbald den Ritt wieder auf und kamen mit ihren Pferden erst spät nachts wieder zurück in den heimatlichen Stall.

Das Pferdchen aber träumte nun jede Nacht von dem Ort seiner Sehnsucht. ...(...)

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